Frankfurter Rundschau vom 11. Januar 2001

Kreative Zerstörung
Drei Künstler haben ihr gemeinsames Bild in drei Teile geteilt

Von Annette Wollenhaupt

Nordend: Drei Frankfurter Künstler haben sich zusammengetan, gemeinsam ein ziemlich großes Bild geschaffen und dieses zu guter Letzt in drei Teile geteilt. In Stahl gerahmt hängen die einzelnen Werke nun in der 1. Frankfurter Benefiz-Galerie „Kunst-Salon“. Neben vielen Fotographien, die den mehrmonatigen Arbeitsprozess dokumentieren.
Auf den ersten Blick wirken die drei unterschiedlich großen Bilder wie die Oberfläche eines fremden Planeten. Helle Erdfarben dominieren neben kalkigem Weiß. Dann wieder scheint –karg dosiert -Dunkel durch puderiges Hell hindurchzuschimmern. Eher eine Ahnung als Gewissheit. Risse und Brüche regend die Fantasie des Betrachters an. Auch sie wecken Assoziationen, lassen an sich verschiebende Erdschichten denken, die nie ganz zur Ruhe kommen. Teils wirken die Bildoberflächen zerklüftet: immer dort, wo sich aufgelegte und farbbearbeittete Gewebefetzen teilweise vom Untergrund lösen.
Gerd Bastiné hatte die Idee zum Projekt „3 eins 3“. Seine Wurzeln hat der mittlerweile in Frankfurt lebende Künstler in Saarbrücken. „Die Kunstszene ist dort viel familiärer als hier“, sagt Bastiné, der das Miteinander und die gemeinschaftlich erlebten künstlerischen Prozesse in seiner Heimatstadt am Main vermisst. Auch ein Grund dafür, dem allen mit einem Gemeinschaftsprojekt etwas entgegenzusetzen. Hinzu kam, dass er sich fragte, warum eigentlich das, was sich in der Wirtschaft bewährt habe, nämlich „die Zusammenarbeit in hoch-spezialisierten Teams“, nicht auch in der Kunst machbar sei. Der Reiz des Ganzen habe laut Bastiné nicht zuletzt auch darin bestanden, zu demonstrieren, „dass starke Individualisten ein gemeinsames Projekt zustande bringen können“.
Bastiné gewann Lasse-Marc Riek und Oliver Tüchsen für sein Projekt. Um „eine stabile ästhetische Ausgangsbasis“ für das expressive improvisierende Arbeiten zu bieten, beschloss man, die Grundkonzeption des Gesamtbildes im „Goldenen Schnitt“ zu gestalten. Klar war zudem von Anfang an, dass das Projekt mehrere Ebenen haben sollte. So war die großflächige Malerei auf der Leinwand nur ein – wenn auch zentraler – Teil des Ganzen. Man dokumentierte den Arbeitsprozess fotographisch und via Video, stellte Informationen zum Projekt und Bildmaterial ins Internet. Wichtig war zudem die Musik als ständige Begleiterin.
Das mittlerweile dreiteilige Gemälde war zunächst ein einziges, an dem Bastiné, Riek und Tüchsen gemeinsam arbeiteten. Der erste Schritt bestand im Grundieren. Dann schüttelte das Trio Sand, Lehm und Gips auf die Leinwand. Es folgte der dritte Schritt: Die Künstler setzten lila Akzente, ritzten Sterne ein und legten Teils Tücher auf. Dann wurde das Gemälde komplett weiß überstrichen, einzelnen Partien schimmerten danach dennoch durch. Es folgte eine Phase besonders intensiver Konfrontation. Bastiné wollte viel Gold ins Spiel bringen, das wiederum gefiel Riek gar nicht. Er schwärzte kurzerhand die Partien. Bastiné dessen Glimmer auf diese Weise radikal von der Bildoberfläche verschwand, schätzt die künstlerische Reibung: „Diese Art der Zerstörung ist wichtig. Nur so kann sich nichts festfahren.“
Zum Ende des Projekts hin wurde das Gesamtbild noch einmal Weiß aufgehellt, anschließend ritzten die drei jungen Künstler Zeichen, Zahlen und kleine Leitern ins Bild.
Ob die Künstler auch künftig zusammenarbeiten wollen? Schon möglich. Doch zunächst werde man wohl wieder getrennte Wege gehen, so wie der Titel des Projektes „3 eins 3“ es bereits andeute. Nach dem Ende der Ausstellung soll das Bild verkauft werden. Der Erlös ist für den Aidshospizverein „Die Insel“ bestimmt.

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