Hamburger Abendblatt vom 13. April 2002

Fluxus-Festspiele: Unsinn mit Methode
(herr)

Hamburg - "Das Wichtigste an Fluxus ist, dass niemand weiß, was es ist. Es soll wenigstens etwas geben, was die Experten nicht verstehen", hat Robert Watts, Fluxus-Künstler der ersten Generation, einmal gesagt. Das war Anfang der 60er-Jahre, als eine lose Gruppe von Komponisten, bildenden Künstlern, Schriftstellern und anderen Ausdruckswilligen, sich zu mehr oder weniger musikalischen Aufführungen zusammenfand. Was da geschah, glich allerdings eher einem lustvoll-anarchistischen Spektakel als einem Konzert. Bei den "Internationalen Festspielen Neuerster Musik" im Museum Wiesbaden 1962 trampelten sie einen Konzertflügel zu Bruch, ein andermal bestand die Partitur daraus, Luftballons mit Pfeilen zu bewerfen. Zum 40. Geburtstag von Fluxus huldigen Hamburger Künstler mit den Fluxus-Festspielen 2002" einer Bewegung, die nicht kleinzukriegen ist. In der kommenden Woche finden in der Schilleroper, dem Thalia in der Gaußstraße und der Friedenskirche Altona überraschungsvolle Veranstaltungen statt. Als Zeitzeuge sind der Komponist Dieter Schnebel und "Die Maulwerker" zu Gast in der Gaußstraße.
Einen "Wiederbelebungsversuch" nennt Martin Mross, einer der Organisatoren, das Festival. Schockierende Handlungen schließt er aus. "Das anarchistische Element spielt heute keine Rolle mehr". Vermutlich können die Aktionen, mit denen seinerzeit George Maciunas, Emmett Williams, Nam June Paik, Joseph Beuys oder Yoko Ono ihr Publikum zu mitunter unkontrollierten Taten hinrissen, heute ohnehin kaum irritieren. Es gab später Provokanteres. Fluxus ist vor allem Kunstvergnügen. Eines, das einer gattungsübergreifenden Kunst, wie wir sie heute kennen die Türen geöffnet hat.
Schilleroper, 15.4., Thalia in der Gaußstraße 190, 17.4., Friedenskirche, Otzenstraße 19, 19.4. jeweils 20 Uhr,
Einlass 19.30 Uhr.

Die Welt vom 16. April 2002

Das Popcorn, es knallt, wenn die Trommel erschallt
Von Belinda-Grace Gardner

Popcorn knallt, die Trommel schallt, ein Wecker schrillt. Die versammelten Klangkörper prallen akustisch heftig aufeinander. Frenetisches Finale. Applaus, Dunkelheit. Die "Fluxus-Festspiele Hamburg 2002" bringen in dieser Woche an mehreren Schauplätzen kakophonische Kurzkonzerte mit stillen Transistorgeräten, lautstark Singenden und krachenden Instrumenten zu Gehör. Eine fantasie- und liebevoll-ironische Hommage an das erste deutsche Fluxus-Event, das 1962 in Wiesbaden stattfand: Damals traten Musiker und Künstler an, Grenzen zwischen Genres aufzubrechen, das Publikum aus seiner Passivität zu rütteln, neue, unerhörte Formen der Kreativität in Fluß zu bringen. Namen wie Mauricio Kagel, Dieter Schnebel und Joseph Beuys sind mit der Bewegung der sechziger verknüpft. Eine der nachhaltigsten Botschaften der ungestümen Aktivitäten dieser Zeit lautete: Kunst und Leben sind eins und "Jeder ist ein Künstler". George Maciunas, Fluxus-Theoretiker der ersten Stunde, initiierte das legendäre Wiesbadener Konzert.
Eine Gruppe junger Künstler und Fluxus-Enthusiasten hat dazu eigene "Partituren" komponiert. Denn das, was wie eine chaotische Abfolge überraschender Zufallsphänomene und -Töne erscheint, folgt - wie seinerzeit die Fluxus-Ereignisse - stringenten Vorgaben. Die einzelnen Aufführungen, die zwischen künstlerischer Performance, musikalischer Darbietung und absurdem Drama changieren, beziehen die jeweiligen Orte mit ein. Zur Veranstaltung am Mittwoch konnten die Festspielorganisatoren Dieter Schnebel gewinnen. Schnebel, ein bedeutsamer Protagonist der Neuen Musik, reist am Mittwoch aus Berlin ins Thalia in der Gaußstraße (20 Uhr), um einige seiner Fluxus-Partituren zu präsentieren und "Fluxus-Erinnerungen" vorzutragen.


friedA. Zeitung der Friedenskirche Altona Nr. 12 2002

Fluxus Festspiele 2002
Neue Musik und Aktionskunst in der Friedenskirche, 19. April, 20 Uhr


Zehn Hamburger Künstlerinnen und Künstler aus den Bereichen Musik, Schauspiel, Bildende Kunst feiern mit drei verschiedenen Fluxuskonzerten in der Schilleroper, im Thalia in der Gaußstraße und in der Friedenskirche das 40jährige Jubiläum von Fluxus.
Vor vierzig Jahren ist Fluxus erstmals in Erscheinung getreten als eine Aktionskunst, deren Absicht es ist, die Grenzen zwischen Kunst und Alltag und zwischen den verschiedenen Kunstgattungen spielerisch zu überwinden.
Bei dem "Konzert" in der Friedenskirche werden die Künstler in besonderer Weise auf den Kirchenraum eingehen und das Verhältnis von Alltag und Kirche thematisieren.

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