Frankfurter Rundschau
Auf der Suche nach den Klängen alten Gemäuers
Außergewöhnliches Kunstprojekts auf der Ronneburg
Von Daniela Roland
Experimente auf der Burg Ronneburg: Wie klingt eigentlich so
ein altes Gemäuer? Acht Künstler stellten diese Frage und begaben
sich mit Hilfe von Feuer, Wasser, Luft und Erde auf die Suche nach Tönen.
Ihre Installationen schwingen. Läuten und hallen bis zum 16. September
durch die Festung.
Ronneburg. Bizarres lockt. Weisse Plastikfolien mit der Silhouette von Menschen
schlottern, am Boden festgenagelt, im Wind. Rundherum stehen weiße Katzen-Figuren.
Darüber hängen Teile vom Schrottplatz und geben Xylophon-ähnliche
Töne von sich. Lasse-Marc Riek hat die leicht makabre Szenerie entworfen.
Wer die Bedeutung kennt, kommt ziemlich schnell hinter seine Idee: Wehrlos ausgelieferte
Körper und Seelen, durch unmenschliche Häute sichtbar und hörbar
gemacht. An dieser Stelle wurden früher die Hexen verurteilt.
Die Backstube hat sich Sigrid Schraube für ihre „ploppende“
Papierkunst ausgesucht: Getrocknete Erbsen, durch einen Schlauch geblasen, fallen
auf Glasschalen, die mit handgeschöpften Papier bespannt sind: Dunkles
und helles Plop schallt durch den Raum. Vor der Burg klingelts: Eckhardt Schwandt
hat in lange Stoffbahnen unzählige kleine Glöckchen eingenäht.
Bläst der Wind durch sie, klirren die Fahnen eisig.
Leicht verlieren die Besucher den Überblick und müssen befürchten,
irgendetwas zu überhören. Einen Plan oder sonstige Hilfestellungen
für den Klangpark gibt es nicht. Wer die einzelnen Gebilde geschaffen hat,
bleibt ebenfalls Geheimnis. „Die Besucher sollen die Burg ohne Anleitung
erforschen“, sagt Frank Leissring. Der Klangkünstler hat vor einem
Jahr das Projekt ins Leben gerufen. Mit seinen Kollegen aus dem Main-Kinzig-Kreis
und Umgebung (Sigrid Schraube, Jürgen Quack, Eckhard R. Schwandt, Nirava
Silvia Becker, Lasse-Marc Riek, Manfred Zbrzezny und Monika Büchner) hat
er schon bei den Nidderauer Erdspielen zusammengearbeitet. Sie kommen aus unterschiedlichen
Sparten, arbeiten mit Ton, Papier und anderen Materialen –nur mit Klang
bisher noch nicht. „Umso größer war die Herausforderung“,
lacht die Papierkünstlerin Sigrid Schraube.
Ein wieder erkennendes Motiv auf der Burg ist das Thema Leben und Tod. Direkt
am Eingang liegt in einem Graben ein verendeter Hirsch aus schwarzem Stoff.
Hirsche symbolisieren für Lasse-Marc Riek Vitalität. Den Weg vom Beginn
des Lebens zum Ende rafft der Kemenatensaal der Burg beeindruckend kompakt und
klangvoll zusammen. An der einen Seite sitzt ein riesiges eiförmiges Gebilde.
Nur wer sein Ohr ganz nah dran hält, kann feines Zirpen erkennen. Sigrid
Schraube hat Grillen hinein gesetzt (gut gefüttert, versichert sie). Da
es für die kleinen Tierchen die ganze Zeit dunkel ist, singen sie auch
tagsüber – allerdings nur, wenn die Besucher nicht allzu sehr trampeln.
Eigenwillige Formen aus Wasser, Plastikbeuteln und Holz von Frank Leissring
leiten über zu einer schwarzen Mumie, Rieks Geschöpf. Sie gibt keinen
Mucks von sich. Auch der Rest des Raumes bleibt bis auf Klangkugeln und Grillen
ziemlich still....